Montag, 20. Mai 2013

Musik rational hören



Menschen hören Musik, weil sie sie emotional berührt. Emotionen klingen ab, je öfter sie wiederholt werden. Darum wird die meiste Musik schnell langweilig. Schonmal versucht, Musik bewusst zu hören? Teils rational verstehend, teils emotional fühlend?
Wenn man anspruchsvolle Musik auf diese Art und Weise hört, dann gibt es einen Teil des Selbst, der sich rational der Komplexität freuen kann und einen Teil, der emotional von der Spannungskurve weggefetzt wird.

Oder warum sind Casting-Shows so beliebt?
Hypothese: Im Prinzip ist es der selbe Mechanismus auf niedrigem Niveau. Man konzentriert sich auf eine musikalische Spur, nämlich auf den Gesang.
Hier haben die meisten Leute am ehesten einen rationalen Zugang dazu. Darum gibt es auch nicht "Deutschland sucht den Super-Gitarristen".
Den Gesang und den Sänger kann das Publikum rational analysieren. Ist der Sänger scheiße, akzeptabel, gut, fantastisch?
Dazu kommt, dass bei guter musikalischer Leistung die Musik emotional genossen werden kann. Was noch verstärkt wird, wenn zu den Sängern noch eine emotionale Bindung forciert wird, durch HartzIV-Niveau Drama, usw. Also rational/analytisches Verstehen gepaart mit musikalischer Emotion. Fetzt einen total weg. Hört Musik mal bewusst auf diese Weise.

Wer das tut, wird sehr schnell merken, dass die meiste populäre Musik im Grunde sehr langweilig ist. Und wer das bemerkt: Willkommen in meiner Welt.

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Freitag, 15. März 2013

Business-Sprech III


Euphemismus entdeckt.

"Ich arbeite heute im Home Office. Wenn Sie mich brauchen, können Sie mich im Home Office erreichen.

Könnte ich kotzen. Warum wird das so gesagt? Ganz einfach, weil alle Angst haben, das Wort "Arbeit" mit "zu Hause" in Verbindung zu bringen. Wenn man sagt "Ich arbeite von zu Hause aus.", dann könnte das ja, um Himmels Willen, FAUL klingen. Und wir dürfen, oh nein, auf Arbeit ja nicht FAUL klingen. Nein, das wäre grässlich, denn wir müssen produktiv, nützlich und geschäftig aussehen, im Privatleben würde man nur herumhängen und FAUL sein.

Also gehen wir ins Home Office. Das klingt gleich nach Sekretärin, bergeweise Aktenstapel und direktem Kaffee-Einlauf. Da sind wir produktiv, da arbeiten wir was weg, da sind wir auf dem Phone erreichbar und checken unsere Mails. Zu Hause? Nein, die moderne Arbeitsdrohne ist im Home Office.

Bin mal gespannt, wann die Euphemismus-Tretmüle anspringt, und welcher noch viel dümmere Begriff dann nachgelegt von euch ganzen Bürozombies nachgeplappert wird.

GOOD JOB!






suckers.

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Freitag, 22. Februar 2013

FAZ - Seriöser Journalismus?

Über das Onlineportal der FAZ bekommt man diesen Artikel zu sehen. 

Nun hab ich den gelesen, und frage mich: Author, what's your point?

Also, der Aufhänger des Artikels lautet "Katerbau und Berg mussten einen Haufen Geld nachzahlen."
Was sehen wir dazu für Fakten?
 1. sie haben ein Auto geschenkt bekommen
 2. Die Kandidaten sollten erst die Steuer zahlen und dann den Kfz-Brief kriegen.
 3. "Das funktionierte nicht, die Produktionsfirma musste später selbst ans Finanzamt zahlen - und forderte das Geld von den Kandidaten zurück." 
4. "Es gab zahlreiche Erinnerungsschreiben, bevor Klage eingereicht wurde. " 

Also haben sich die beiden nicht an die Regeln gehalten, und mussten am Ende das Geld nachzahlen, was sie nicht getan haben. Dafür wurden sie verklagt. Klingt so, als ob sie selber Schuld hätten.

Was mich wirklich stört, ist die Tatsache, dass diesee Informationen zwischen Sender-Bashing eingezwängt sind. Nämlich zwischen "der Sender will am Ende selber Profit machen" und "Sie wurden angehalten, das Auto aus Sponsoring-Gründen öffentlich zu zeigen."

 Der Aufhänger des Artikels ist also "RealityTV-Teilnehmer wurden vom Sender ausgebeutet". Der Autor verbirgt aber die Informationen, die in dieses Bild nicht hineinpassen, mit vagen Andeutungen. Außerdem wird hier die Tatsache, dass dem Pärchen Kosten entstanden sind, damit vermischt, dass der Hersteller des Autos eine Lücke verwendet hat, um seine Werbung zu platzieren. Die Struktur sieht für mich wie folgt aus:

-   Teilnehmer mussten Geld für geschenktes Auto bezahlen
-   Werbepartner nutzt Lücke, um seine Automarke in der Sendung unterzubringen
 - "Und die Produktionsfirma lässt sich die Folgekosten jetzt von den früheren Kandidaten zurückzahlen: Das hat das Berliner Arbeitsgericht gerade entsprechend entschieden, vier Jahre nach Ende der Dreharbeiten." 
 Was haben die beiden Dinge miteinander zu tun? Eigentlich gar nichts, aber es wird impliziert.

 Ich glaube, der Autor will darauf hinaus, dass der Sender in beiden Fällen im eigenen Interesse handelt. Er will einerseits, dass das Pärchen die Steuern selbst zahlt (was die beiden offensichtlich vertragswidrig nicht gemacht haben) und seinen Werbepartner in der Sendung unterbringen. Nun stellt er beides so dar, als wäre der Sender der böse manipulative Lügner und das Pärchen die armen Opfer. Was NICHT da steht, ist:

 - Warum haben sie die Steuern nicht bezahlt? Ich denke, es wurde so vereinbart, oder nicht?
 - Warum haben sie auf die Mahnungen nicht reagiert?

Was hier quasi in Nebensätzen untergebracht wird, ist, dass

- die beiden sich scheinbar nicht durchsetzen konnten und deswegen das Restaurant nicht behalten
- durften (war sicherlich vertraglich so vereinbart).
- Dass der Sender den Umsatz einbehalten hat (war sicherlich vertraglich so vereinbart)
- Und dass am Ende noch skandalträchtig die Schlüssel eingezogen wurden.

Klingt von Senderseite nachvollziehbar für mich. Jetzt sei es unter diesen Gesichtspunkten jedem selbst überlassen, in Artikeln nach vagen Andeutungen zu suchen, und kritisch zu betrachten, wo dies dazu benutzt wird, pures Bashing ohne Fakten zu verbreiten. Kleiner Auszug gefällig?

 - "Die Klappe fällt, der Kandidat geht pleite" // ich würde sagen, das ist normal, wenn das die Vertragsbedingung ist, und man im Konkurrenzdruck gegen andere Teilnehmer verliert
- "Sie haben bloß nicht dran gedacht, dass es dem Fernsehen darauf ankommt, am Ende selbst als Gewinner dazustehen." // es ist ein Unternehmen. Natürlich will das am Ende Gewinner sein (Gewinn machen)
- "Nicht ganz unwichtig ist, dass die Kandidaten sich von den Verantwortlichen der Show aufgefordert fühlten, den Wagen während der Dreharbeiten möglichst oft zu benutzen" // nicht ganz unwichtig? Ich finde das schon unwichtig, vor allem, weil es mit der Rückzahlung und der damit verbundenen Klage rein gar nichts zu tun hat.

Der Aufhänger des Artikels hat meiner Meinung nach gar keine Substanz. Was uns hier als schreckliche Ausbeutung verkauft wird, ist scheinbar doch etwas komplexer und mündet in pures Bashing.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich persönlich verabscheue Reality-TV. Dass hier gestellt, getrickst und gelogen wird, außerdem ein sensationslüsternes Publikum befriedigt werden soll, sind alles keine Geheimnisse. Auch sind die Sender keine Unschuldsengel, sondern Unternehmen mit inhaltlich (meiner Meinung nach) sehr wenig Phantasie.Und auf Umsatz aus. Natürlich.

Aber diese Ablehnung durch vage Andeutungen und Verdrehung der Fakten zu streuen....ist meiner Meinung nach kein guter Journalismus.

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Freitag, 16. November 2012

Dave "Davey", das Meerschwein


Ob einen das Leid, das Leben oder der Tod eines anderen Lebewesens berührt, ist eine Frage der Bindung.

Vermutlich sterben täglich abertausende kleine unschuldige Kinder in Afrika, was mich emotional nicht wirklich juckt, möglicherweise empfinde ich es auf einer rationalen Ebene als bedauernswert. Mehr nicht.

Viele Menschen argumentieren, wenn ein Haustier stirbt "Warum bist du traurig, ist doch nur ein Tier, kauf dir einfach ein neues Tier." Haha. Seriously?

Nein. Wenn du zu irgendetwas eine emotionale Bindung eingehst, dann berührt dich dessen Schmerz und Werdegang. ich kann mir sogar vorstellen, dass Leute zu einem alten, bedeutungsträchtigen Bauwerk eine emotionale Bindung aufbauen, an dessen Existenz viele Geschichten und Gefühle hängen, und dann schlussendlich weinen, wenn es auf einmal abgerissen wird. You catch my drift, es geht mir darum, dass Mitgefühl von der Bindung abhängig ist.

Davey ist tot, ich habe ihn gerade begraben. Ich hoffe, dass sich irgendwelche Katzen und Füchse von ihm fern halten. Seine Ruhestätte ist nahe dem Saalekanal auf der Rabeninsel, unter einem Baum kurz vor drei schönen, herabhängenden Rankensäulen, die von einer Weide ausgehen.

Ich habe als Kind Meerschweinchen gehabt. Ich habe jedesmal geheult, wenn eins gestorben ist und mich sehr schlecht gefühlt. Viele Menschen verstehen das nicht, denn "Meerschweine ziemlich langweilig sind, die sitzen ja nur rum und so." Mitnichten. Meerschweinchen sind soziale Tiere, haben jeder einen Charakter, sie haben eine Rangordnung, sind neugierig und außerdem ziemlich niedlich.

Als meine Meeschweine damals alle gestorben waren, habe ich mir vorgenommen, mir nie neue anzuschaffen, da ich immer sehr schlecht damit klargekommen bin, wenn sie gestorben sind.

Nun war ich im Oktober 2006 mit meiner damaligen Freundin auf einem Tiermarkt. Da gabs Hühner zu kaufen, und Pferde, an mehr kann ich mich nicht erinnern. Bis auf den Punkt, als wir bei einem Händler vorbeigingen, der Meerschweinchen angeboten hat.

ich kann im Nachhinein nicht mehr erinnern, was mich dazu bewogen hat, Meerschweinchen zu kaufen. Das Bild, das ich noch vor Augen habe, ist ein Gehege voller ängstlicher Jungtiere, die sich scheu zusammenkauern. Nur ein Schweinchen war mutig genug, im Gehege rumzustöbern und zumzuschnüffeln. Das war schwarz und neugierig und hatte keine Angst.



Was mich dazu bewogen hat, weiß ich nicht mehr, aber ich kaufte das schwarze Schwein und, da es nicht allein sein sollte, noch zwei zufällig ausgewählte aus dem zitternden Haufen dahinter. Dieses Schweinchen habe ich dann Dave genannt. Daraus wurde im Laufe der Jahre Davey.





Davey war neugierig, hatte keine Angst wenn ich ankam um zu gucken, und mochte Gurke. Davey hat vor Monaten, als ich ihn zum Schmusen mit im Bett hat, und mir schnell was zu trinken geholt habe, kurzerhand meine Kopfhörer gefressen. Na gut, gefressen hat er sie nicht, aber die Kabel hat er durchgenagt. Davey hat auch mal, als er mit im Bett saß und ich den Laptop mit drin hatte, auf der Tastatur rumgetapst und hat meinen ICQ-Kontakten komische Nachrichten geschickt, zum Beispiel56gthöpjkk

Er mochte es nicht, auf dem Arm gehalten zu werden, weswegen er dann immer in die Hand gezwickt hat. Nie doll genug, dass Blut kam, aber stark genug, dass es ziemlich weh tat. Das mochte Davey nicht.

Als Rashi krank wurde, war Davey ziemlich fies zu ihm und hat ihn physisch sehr unterdrückend behandelt, den Grund werde ich wohl nie erfahren. Sehr nett war er damals nicht.

Als ich irrtümlicherweise ein Weibchen mit in die Gruppe eingebracht habe (Buffy), wurde die Rangordnung umgestülpt und der 3. Rashi machte auf einmal einen auf 1. und hielt die anderen beiden in Schach. Buffy hat zwei Mädchen bekommen, die beide nicht wie Rashi aussehen, sondern verdächtig nach Davey. Wer nun wirklich der Vater ist, werde ich wohl nie wissen. Vom Aussehen her ist Davey der Vater, obwohl ich ums Verrecken nicht sagen kann, wie er an Buffy rangekommen ist, weil Rashi sie wie ein Schießhundschwein bewacht hat.



Vor zwei Monaten wurde Davey krank, ihm sind am Bauch die Haare ausgefallen. Netterweise ist Cindy mit ihm zum Tierarzt gefahren, welcher jedoch nichts ausrichten konnte. Über die nächsten Wochen fielen immer mehr Haare aus,und Davey verfiel zusehends. Vorgestern lag er dann im Käfig. Wir konnten ihm nicht mehr helfen.

Heute fuhr ich ihn zur Rabeninsel (wo auch Rashi begraben liegt). Davey liegt jetzt unter einer Baumwurzel begraben (wie in einer kleinen Höhle, Meerschweinchen mögen Höhlen), mit einer Gurke, etwas Heu und einer Mohrrübe.

Ruhe in Frieden, Davey. Ich erinnere mich an dich.




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Dienstag, 13. November 2012

Wikipedia und Musiktheorie


Ich verstehe den Quartvorhalt nicht.

Also geh ich zu Wikipedia und lese:

Vor der Auflösung in eine Konsonanz (= Terz) entsteht ein Spannungsaufbau durch Vorhalten der Quarte in Bezug zum Grundton der Zwischenharmonie oder dem Grundton der Ausgangstonart. Dazu ist zu sagen, dass nicht die in der Tat dissonante Quarte zum Grundton des in Rede stehenden Akkordes vorgehalten wird, sondern, dass diese Quarte aktiv die konsonante Terz zum Grundton vor(-ent-)hält.

Hääääääääääää?
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Montag, 12. November 2012

Schlecht abgeschrieben, 6, setzen!


Also entweder habe ich Probleme, fachbezogene Terminologie zu verstehen, oder Journalisten lesen ihre eigenen Texte nicht.

Offensichtlich gibt es einen Menschen, der Clapper heißt, und der mit den US-Geheimdiensten zu tun hat. Jetzt gibt es einen (meiner Meinung nach ziemlich langweiligen, künstlich aufgeblähten) Affären-Skandal um irgendeinen Geheimdienst-Obermufti. Nun lese ich auf diversen Nachrichten-Seiten die Formulierung:

"Clapper, der die Arbeit aller 16 US-Spionageaffären koordiniert"

Okay, bin ich blöd? Müsste es nicht eigentlich "16 US-Geheimdienste" heißen? Aber man führe sich mal folgenden Screenshot zu Gemüte:



Ich gehe mal davon aus, dass die ursprüngliche Quelle sich einen Freudschen Versprecher geleistet hat, der dann ungesehen übernommen wurde. Ungesehen! Denselben Satz kann man gerade quasi überall lesen.

Ich meine, sind die Journalisten blind oder blöd oder beides? Machen die blind copy-paste, auf fucking Dutzenden von Nachrichtenportalen?, die ALLE DEN SELBEN ARTIKEL KOPIEREN? Schreibt hier keiner mehr eigene Artikel? Und dann auch noch bei so einem wirklich unwichtigem Sache, der eher die Ehefrau des Militärmenschen was angeht....

deutsche Journalisten, wie soll man eurer "Berichterstattung" da noch irgendwelches Vertrauen schenken......


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Donnerstag, 25. Oktober 2012

Business-Sprech II


Habe ich darüber schon geschrieben? Passend wäre es, denn die Gedanken dazu kommen mir nicht zum ersten Mal.

Business-Sprech. Dazu muss ich ausholen. Der Begriff ist augenzwinkernd angelehnt an den Begriff "Neusprech" aus dem Roman "1984" von George Orwell. Dort entwickelt die böse Überwachungsstaat-Regierung eine eigene Sprache (nämlich das Neusprech), um totale Kontrolle über das Volk auszuüben. (Sollte jeder mal gelesen haben)

Das Ziel von Neusprech ist es, die Sprache unter totale Kontrolle zu bringen, und damit angelehnt auch das Denken der Menschen zu kontrollieren. Darum wird die Sprache kontrolliert, standardisiert und gelenkt.

Auf Wikipedia wird dazu schön erklärt: "Durch die neue Sprache bzw. Sprachregelung soll die Bevölkerung so manipuliert werden, dass sie nicht einmal an Aufstand denken kann, weil ihr die Worte dazu fehlen."

Am Anfang und am Ende dieser Überlegung steht: Sprache ist Denken.

Ein Mensch denkt in den Vokabeln, die er zur Verfügung hat. Dementsprechend lässt sich auch unterstellen, dass ein umfangreiches Vokabular differenzierte Denkvorgänge erst ermöglicht. Nicht umsonst gehört das Lesen lernen zu den ersten Aufgaben, die wir in unserem Bildungsweg vorgesetzt bekommen. So lässt sich sagen: Worte sind wichtig.

Nun leitet sich vom "Neusprech" das "Business-Sprech" ab. Es ist für mich eng verwandt mit dem "Marketing-Sprech". Hier kann man an die Kritik dieser Konstrukte zweierlei herangehen: Kritik der Form oder des Konzepts.

Form: Dass Marketing-Sprech formal teilweise Blödsinn ist, ist meist ziemlich offensichtlich. Zum Beispiel redet die Presse gern vom [besten/größten/teuersten] [Film/Produkt/Konzept] aller Zeiten. Was sind denn alle Zeiten? Alle Zeiten sind alle Zeiten, also vom Urknall bis ins Jahr unendlich. Wie kann man da urteilen, ob es irgendwann nicht noch ein(en) [Film/Produkt/Konzept], geben wird, das/der [ besser/größer/teurer] wird?

Die Eigenschaft "[xxx] aller Zeiten" ist also formal offenkundiger Schwachsinn. Pure Marketing-Übertreibung. Genauso wie das "vollste" Vertrauen, oder alles, was "reinst" oder "extremst" ist.

Es lässt sich also sagen, dass hier gerne mal Formulierungen benutzt werden, die blödsinnig sind. Dazu kann ich jedem die "Airline Announcements" von George Carlin empfehlen.

Wunderschön.

Konzept: Das Problem mit Marketing- und Business-Sprech ist, dass teilweise sehr stark mit Euphemismen und Vereinfachungen gearbeitet wird. Dass im Arbeitsalltag und auch in der Kommunikation auf Arbeit Fachbegriffe und Slang notwendig sind, will ich gar nicht absprechen. Mein Bedenken ist, dass die Vereinfachung so stark wird, dass es das Denken beeinträchtigt.

Da wären zum Beispiel die Euphemismen. Wir haben auf Arbeit keine Probleme mehr, sondern "Herausforderungen". Auch schön sind "Negativerfolge", arbeitslose sind nicht arbeitslos sondern in einer "Neuorientierung". Dass Euphemismen eigentlich gar nichts bringen, habe ich hier beleuchtet.

Aber mein Hauptgedanke ist folgender: Je simpler die Sprache, desto simpler des Denken. Worüber ich mich ständig aufregen könnte, sind die Worte "zeitnah" und "Call". Wie oft habe ich auf Arbeit gehört "ich habe gerade nen Call reinbekommen." Was ist ein Call? Interessanterweise reicht das Bedeutungsspektrum von "Meine Olle hat grad angerufen." über "Ich telefoniere gerade mit einem Kunden" bis zu "Wir haben einen Auftrag bekommen." Und "zeitnah" ist so ein weichgespültes Wischiwaschi-Wort, das NICHTS aussagt. Im Geschäftsbetrieb frage ich dann immer: "Was heißt denn zeitnah?" Die Antworten reichen von "das muss innerhalb der nächsten Stunde passieren!!1" bis zu "Naja, diesen Monat wär schon schön." DANN SAGT DAS DOCH AUCH! "Zeitnah" ist ein Wort für all die Betas, die sich nicht trauen, "schnell" oder "bald" oder "so schnell wie möglich, Sie Arsch!" zu sagen.


Klar ist mir bewusst, dass sich Sprache ständig verändert, und dass Substitute aus anderen Sprachen aktuelle Worte oft im Laufe der Zeit ersetzen. Mich ärgert nur, dass jemand etwas simples (was zu dem Zeitpunkt sogar gut und schnittig klingen mag!) sagt/schreibt, und tausende plappern es blind, ohne nachzudenken nach.

Einer nennt seine Firma "ProSolutions". Weil wir im modernen Business keine Software oder Hardware mehr anbieten, sondern "Solutions"/"Lösungen". Ich wusste nicht, ob ich weinen oder lachen sollte, als ich bei HP Treiber runterladen wollte, aber keine Grafik- oder Soundkartentreiber fand, sondern nur Treiber für meine Audiolösung. Wenn ich eine Lösung in meinem Rechner hätte, dann HÄTTE ICH ECHT PROBLEME!

Plötzlich sprießen Firmen mit "Pro" im Namen überall aus dem Boden. Produkte mit "Pro" tauchen überall in den "Portfolios" (nicht etwa "Angebote" oder "Produktpaletten"). Ist ja auch ne tolle Silbe. Heißt gleichzeitig Pro(fessionell) und pro (im Sinne von "für") Wie herrlich Positiv. Langweilig wird es nur, wenn es ALLE GENAUSO MACHEN!

Wenn sich mein Skype updatet, updatet sich mein Skype nicht, sondern Microsoft "verbessert" meine "Skype-Erfahrung". Wenn ich mit einem Freund rede, und er statt zu lachen "lol" sagt, fühle ich mich total verarscht. Sehr vielfältige Silbe übrigens. Gibt's auch als Frage: "lol?" Könnte ich reinschlagen.

Sprache ist Denken! Sprache ist vielfältig! Für so viele Nuancen gibt es eigene Begriffe und sehr schöne Worte!

Wer sich nur noch auf das Piepsen der Einparkhilfe verlässt, verlernt das richtige Einparken, was verbunden ist mit räumlicher Wahrnehmung, Koordination und dem Treffen von Entscheidung. Wer nur noch nach Navi fährt, verlernt, sich zu orientieren. Wer sich ständig auf seine automatische Rechtschreibkontrolle verlässt, formuliert auch im Geist die Worte nicht sorgfältig. Weil es ja "so bequem" ist. Was ich im Geschäftsbetrieb in GROSSEN Firmen schon für haarsträubende Grammatik und Rechtschreibung gesehen habe, mit KUNDEN! ....da kräuseln sich mir die Fußnägel.

Natürlich ist Sprache ein fließender Prozess. Aber selbstständig sprechen geht Hand in Hand mit selbstständigem Denken. Langweilig wird es, wenn alle das selbe plappern.


Leider achten viel zu wenige Menschen in allen Gesellschaftsschichten darauf, dass man mit Sprache sehr differenziert arbeiten kann. Das finde ich doppelplusungut.



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